Eigentlich fühlte ich mich perfekt
vorbereitet. Die letzten
Trainingseinheiten sind gut verlaufen
und die Beine fühlten sich gut an. Mein
einziges Problem war der Kopf. So
irgendwie fehlte mir die Motivation
mich wieder über diese lange Distanz
durch zu quälen. Ich sagte mir dann
aber dass ich es einfach auf mich
zukommen lassen wollte und es
bewusst locker angehen möchte. Mein
Ziel war ja das Rennen möglichst zu
genießen. Die letzten Tage vor dem
Wettkampf trinke ich gar keine
koffeinhaltigen Produkte mehr. Dieses
Koffein-Wash-Out führt dazu das etwas
Koffein im Wettkampf dann doppelt so
gut zischt. Das wusste ich und mir war
diese „Trägheit“ vor dem Wettkampf
durchaus bekannt. Ich wusste auch dass diese mit dem Startschuss wie weggeblasen
ist. Ordentlich mit Sonnencreme eingerieben stieg ich dann in das Haifischbecken.
Etwas angespannt weil dies mein erster Massenstart werden würde und sich auf
Hawaii naturgemäß viel Athleten im gleichen Leistungsbereich befinden. In Frankfurt
bin ich in der Elitegruppe gestartet und in Kopenhagen gab es Wellenstarts für die
Altersklassen. Ich habe mich ca. in der 5. Reihe einsortiert und dann bis zum
Startschuss Wassertreten gemacht da die Startlinie ca. 100m vom Ufer entfernt war.
Man braucht gar nichts zu tun, die Zeit verstreicht von ganz alleine und irgendwann
ist dann einfach der Startschuss da und es geht los. Aufgrund der ganzen
Horrorgeschichten die so erzählt werden habe ich sogar eine Ersatzschwimmbrille
mitgenommen. Ich bin ganz gut vom Fleck gekommen. Ja, es gab eigentlich während
der gesamten 3850m Körperkontakt mit anderen Athleten. Aber es war nicht wirklich
dramatisch. Als dann aber einer versuchte mir meinen Wasserschatten
wegzunehmen mussten wir das kurz mit den Ellenbogen ausdiskutieren. Er hat dann
eingesehen dass es mein Wasserschatten ist. So gingen die 3850m eigentlich ganz
zügig vorbei und ich erreichte die Wechselzone genau in meinem Zielzeitfenster von
1h05-1h10 und zwar mit 1h08.

Zufrieden habe ich meinen Radbeutel geholt und mich in die nächste Disziplin
gestürzt. Schuhe an, Trikot an, ab zum Rad, Helm an Brille auf und mit dem Rad rauf
auf die Radstrecke. Das ist ein sehr schöner Moment.

Die Beine sind noch
ganz frisch der Wind
kommt von hinten
und es macht
höllisch Spaß mit 40
bis 50km/h über den
Highway zu fahren.
Es war unglaublich
viel los auf der
Radstrecke. In einem
Zeitfenster von ca.
20 Minuten waren
1000 Athleten
unterwegs. Somit
war es wirklich nicht
möglich die
vorgeschrieben 10m
Abstand für die Windschattenbox einzuhalten. Dies hat dann leider zu einer 4
Minuten Zeitstrafe geführt die ich in der zweiten Wechselzone absitzen musste. Ich
habe während der 180km knapp 400 Leute überholt und mich von Platz 931 auf Platz
609 vorgearbeitet. Die ersten 120km gingen sehr gut und ich hatte einen
überraschend guten Schnitt von 38km/h. Auf den letzten 60km aber bekam ich die
harte Seite von Hawaii zu spüren und musste frontal gegen heftigen Gegenwind
treten. Das ist wie 60km am Stück bergauf fahren. Da ich es aber locker angehen
wollte habe ich nicht übermäßig Druck auf die Pedale gemacht und mein

Durchschnittspuls ist beim Radsplit 8 Schläge unter dem gewesen was ich in
Kopenhagen leisten musste.

In der Wechselzone angekommen konnte ich mich dann dank meiner 4min Zeitstrafe
ein wenig ausruhen. Leider hat mich das über 40 Plätze gekostet. Recht frisch bin ich
aber dann auf die Laufstrecke und habe mir ausgerechnet welchen Schnitt ich Laufen
muss um unter 10 Stunden zu bleiben. Das war dann 12km/h. Ich wusste dass ich das
unter normalen klimatischen
Bedingungen eigentlich sehr locker
schaffe. So bin ich also erst mal mit
13km/h losgelaufen und habe
ständig auf Kühlung geachtet. Eis ins
Trikot und unter die Kappe und
ständig den gesamten Körper mit
Eiswasser übergossen. Es gab jede
Meile eine Verpflegungsstelle und
somit genug Wasser und Eis. So bin
ich mit der Hitze eigentlich sehr gut
klar gekommen. Einziger Nachteil
war das ich schon nach wenigen
Kilometern das Wasser in den
Schuhen stehen hatte und meine
Füße nach ca. 9 Stunden in nassen
Schuhen richtig übel aussahen. Dazu
kamen dann noch 3 blaue
Zehennägel und zwei komplett
gelöste Zehennägel. Das fühlte ich
aber erst als der Wettkampf vorbei
war. Mit dem Wissen das ich es

voraussichtlich unter 10 Stunden ins Ziel schaffen würde habe ich den gesamten
Wettkampf doch „genießen“ können und nur noch so viel gegeben wie nötig war. Der
Zieleinlauf war dann überwältigend. Die Stimmung einfach unbeschreiblich und von
Meter zu Meter wurde mir klarer das ich das Mission-Impossible schaffen könnte.
Eine große Unbekannte war ob mir beim Laufen hinten heraus vielleicht die Ausdauer
ausgehen würde weil ich ja schon 2 Langdistanzen in den Knochen stecken hatte.
Aber es lief alles bis zum Ende perfekt. Plötzlich war der Zieleinlauf in sichtbarer
Nähe. Habe jeden abgeklatscht der mir seine Hand hingehalten hat. Dann meinen
Namen in den Lautsprechern gehört und groß auf der Anzeigetafel gesehen. Yeah,
geschafft dachte ich – Ziel gefunden. Brille aus, Kappe aus und überglücklich über
die „verdammte“ Ziellinie gelaufen. Ich hatte das geschafft wovon so gut wie jeder
Triathlet träumt. Ein sauberes Finish bei der Triathlon Weltmeisterschafft auf Hawaii.

Ich bin genau den errechneten 12km/h Schnitt gelaufen und habe damit die 10
Stunden Marke unterboten.

Mit einer Gesamtzeit von 9h55 bin ich mehr als zufrieden. Knapp im ersten Viertel bei
einer WM zu landen hätte ich mir vor einem Jahr nicht träumen lassen.
Es war das Happy End einer ca. 2 Jahre langen Vorbereitungszeit in der ich mich in
unzähligen Einheiten jedes Mal neu versucht habe mich zu verbessern und meine
körperlichen und mentalen Grenzen immer weitern nach oben zu verschieben. In den
Tagen danach ist mir dann immer bewusster geworden das sich der ganze Aufwand
gelohnt hat und ich das Rennen und die Reise richtig habe genießen können.
Nachdem Rennen ging es mir um Welten besser als in Kopenhagen. Mit meinem

Vereinskameraden Rainer vom Tri Team Eupen bin ich dann noch zur Finishline-Party
gewesen. Wir haben die unbeschreibliche Stimmung in uns aufgesogen und auch die
letzten Athleten ins Ziel gebrüllt.

Eine Minute vor 24Uhr läuft der Moderator dem letzten Athleten auf der Zielgeraden
entgegen nimmt ihn in den Arm und bringt ihn über die Ziellinie. Leider gibt es ein
hartes Zeitlimit bei genau 17 Stunden. Diesem Athleten fehlen gerade mal 45s, keine
Urkunde, keine Medaillier, kein Finisher-Shirt und kein „You are an Ironman“. Letztes
Jahr ist eine ältere Athletin mit 16h59m58s, also 2 Sekunden vor Schluss in Ziel
gekommen.